Winterwanderung in der Märkischen Schweiz

Mitten im Februar steigt die Temperatur auf über 13 Grad, die Sonne scheint, blauer Himmel – raus in die Natur! Auf diese „Winter“-Wanderung rund um Buckow in der Märkischen Schweiz hätte ich mich nicht gewundert, wenn Leute bereits Ostereier versteckt hätten.

Starten kann man die Wanderung bequem direkt vom Ort Buckow aus, im Weinbergsweg ist ein großer Parkplatz vorhanden, von dem direkt aus ein markierter Pfad in den Wald führt. Ein lange Route von 6 bis 7 Stunden führt erst östlich bis sie schließlich nach Süden Richtung Waldsieversdorf abbiegt und dann Rund um den Schermützelsee wieder zum Ausgangspunkt führt. Aber es gibt auch kürzere Strecken, einige gute Vorschläge lassen sich auf reiseland-brandenburg oder komoot finden. Ich habe mich für eine kurze Rundstrecke entschieden, einmal zum Großen Tornowsee und wieder zurück.

Mitte Februar, gefühlt wie Ende März. Ein paar Schneeflocken gab es dieses Jahr hier im Norden, sicher, und einmal musste ich sogar Eiskratzen. Ich freue mich auch sehr über die Sonne, so ist es nicht. Aber ein bisschen schade finde ich es schon, so ganz ohne Winterschneepracht ins neue Jahr durchzustarten. Die frühlingshaften Temperaturen lassen schon den Frühling vermuten, aber die Natur ist noch im Tiefschlaf – wenn auch schon etwas unruhig.

Auf dem Weg durch das Stobbertal kommt man an vielen Baustellen der Biber vorbei. Die Nager haben hier alle Hände voll zu tun, das Wasser entweder aufzustauen, umzuleiten oder abfließen zu lassen. Aus der Sicht des Bibers muss da wohl noch einiges getan werden, bevor er auch nur annähernd mit der Flusslaufgestaltung zufrieden sein kann. Leider deckt sich diese Sichtweise meist nicht mit derer der Bauern und Gärtner auf der menschlichen Seite, was ja auch fast zur Ausrottung der Biber beigetragen hat. Inzwischen gibt es wieder etliche von ihnen, und beide Seiten müssen sich Strategien überlegen, miteinander auszukommen.

Der Biber ist neben Naturkatastrophen wie Sturm, Überschwemmungen und Feuern einer der größten Landschafts(um)gestalter. Nach dem Menschen natürlich. Und Vulkanausbrüchen. Ich habe mich gefragt, wie es wohl für einen Biber ist, wenn er Nacht für Nacht schuftet, Holzstapel anhäuft, Bäume fällt und aufschichtet um dann am nächsten Tag zu sehen, dass Waldarbeiter alles wieder weggeräumt haben. Er muss entsetzt vom Dilettantismus dieser Menschen sein – sehen die denn nicht, dass der Fluss hier dringend gestaut werden muss? Und dann macht er sich unermüdlich erneut ans Werk, solange bis alles seine Ordnung hat. Oder die Arbeiter oder ein Vulkanausbruch alles wieder zu Nichte machen.

Etwas weiter stehe ich unter der höchsten Fichte Brandenburgs, über 41 Meter hoch, knapp 200 Jahre alt. 1819, da war die Idee eines Nationalstaates das nächste große Ding und Goethe hatte noch gut ein dutzend Jahre zu Leben. Man könnte also sagen, seitdem ist richtig viel passiert. Auf der anderen Seite aber auch wieder nicht. Die Fichte steht dort, die Ziegen chillen in der Sonne, genauso wie vor 200 Jahren und die Biber sind wieder einmal entrüstet, dass irgend ein Rowdy den wichtigen Damm zertrümmert hat und sie wieder alles aufbauen müssen.

Wie auch immer. Es tut gut mal wieder aus der Stadt raus zu sein, die Sonne zu spüren, im Wald zu sein. Das neue Jahr nimmt Fahrt auf, Ideen werde zu Plänen, Pläne zu Taten, Taten zum Leben. Zwischendurch mit den Ziegen die Sonne zu genießen bringt wieder Erdung in die großen Zusammenhänge und die großen Vorstellungen – zum Beispiel wo Dämme hingehören und wo nicht.

Franziskusweg – Montecasale und das Vertrauen ins Leben (Teil 2)

Von einer langen Nacht unter freiem Himmel in den Bergen. Von der Sorglosigkeit und dem Genuss des Augenbilcks. Von kläffenden Hunden und quickenden Wildschweinen. Vom Silberstreif und eisiger Kälte.

Bald würde die Sonne untergehen und ich stand in den Bergen an der Grenze zwischen der Toskana und Umbrien. Weder würde ich es heute noch zur nächsten Etappe nach Lama schaffen, noch den Abstieg zurück nach Sansepolcro. Ich war nicht ausgerüstet für eine Nacht im Freien, ein Zelt hatte ich nicht dabei, noch nicht einmal einen richtigen Schlafsack, sondern nur einen dünnen Biwak-Überzug. Dennoch beschloss ich die Nacht hier in den Wäldern zu verbringen. Eine Nacht, die ich nicht missen, aber so auch nicht wiederholen möchte. „Franziskusweg – Montecasale und das Vertrauen ins Leben (Teil 2)“ weiterlesen

Franziskusweg – Montecasale und das Vertrauen ins Leben (Teil 1)

Das Kloster Montecasale liegt auf über 700 Metern Höhe in den Bergen hinter der Stadt Sansepolcro. Die Etappe nach Lama ist mit einer Länge von 18 Kilometern nicht übermäßig schwer. Aber diese Fakten sagen nichts darüber aus, dass sich ein Tag wie ein ganzes Leben anfühlen kann. Und wie sich Vertrauen in dieses Leben anfühlt.

Der Morgen in Sansepolcro war warm und sonnig, ein Vorbote späterer Sommertage. Ich war nun mehr als eine Woche unterwegs und mein ganzes System hatte sich umgestellt. Mein Körper hatte sich an die täglichen Wanderungen gewöhnt und auch meinem Geist schien sich auf das Reisen zu Fuß eingestellt zu haben und wurde ruhiger. Ich hatte erfahren, dass ich die Strecke bewältigen konnte, jeden Tag gut und reichlich Essen und ein warmes Bett bekommen hatte. Ich trank in Ruhe meinen Cappuccino auf der Piazza Torre di Berta aus und füllte am Brunnen meiner Wasservorräte auf. „Für mich ist gesorgt“ ging es mir durch den Kopf. Der Gedanke entsprang einem Körpergefühl von Vertrauen, ja Urvertrauen, das sich zwischen der Freude und Neugier auf den heutigen Tag und einer tiefen Entspannung ausbreitete. Der Rucksack wog heute leicht und ich fühlte mich neugierig auf die Welt wie Goldmund aus Hermann Hesses Roman, als ich die Stadt verließ und weiter meines Weges durch die Welt zog. „Franziskusweg – Montecasale und das Vertrauen ins Leben (Teil 1)“ weiterlesen

Franziskusweg – In höchsten Höhen und in tiefsten Tiefen

Der dritte Tag meiner Pilgerreise bringt mich gleichzeitig in höchste Höhen und tiefste Tiefen. Die Etappe zum Kloster Camaldoli soll es laut Reiseführer in sich haben, das Streckenprofil zeigt in der Mitte der Strecke fast senkrecht nach oben. Zudem ist für den Nachmittag schwerer Regen angesagt, vielleicht sogar Gewitter.

Trotz meiner schmerzenden Knie breche ich früh und gut gelaunt von meiner Herberge in Stia auf. Bis zum berüchtigten Anstieg läuft alles bestens, ich bin für mich alleine, die wenigen anderen Pilger sind entweder schon aufgebrochen oder haben abgebrochen. Mein Körper gewöhnt sich langsam an das Gehen, heute fühle ich mich trotz des Muskelkaters kräftig und ausgeruht. Vor dem Anstieg mache ich bei dem Franziskanerinnenkloster bei Casalino Rast und esse bei herrlicher Aussicht auf das Tal Panino Prosciutto und saftige Tomaten. Soll die steile Strecke nur kommen, ich bin bereit! Doch sie kommt nicht. „Franziskusweg – In höchsten Höhen und in tiefsten Tiefen“ weiterlesen

Franziskusweg – Wanderst du noch oder pilgerst du schon?

Die erste Etappe auf dem Franziskusweg führt vom kleinen Ort St. Ellero nach Passo della Consuma auf über 1000 Meter Höhe und fordert so gleich am ersten Tag den Wanderer heraus. Oder den Pilger?

Früh um halb acht verlasse ich Florenz mit dem Zug, um in St. Ellero meine Wanderung zu beginnen, eine verschlafene Bahnstation mit einem Olivenbaum im kleinen Gärtchen. Mit mir steigen eine handvoll Menschen aus, Rucksäcke, Wanderstöcke, offensichtlich auch Pilger. Mich überkommt ein peinliches Gefühl, eine sonderbare Scham. Werde ich nun zum Wander-Rentner mutieren? Ein Sinn-Sucher, der nach verspäteter Midlife-Crisis nun sein Heil auf gut ausgeschilderten Wanderwegen und in überfüllten Schlafsälen sucht? Bin ich ein ältender Mann, der sich seine Fitness beweisen will und auf gelegentliche Gespräche mit Gott spekuliert? Fliehe ich gerade ganz einfach vor den Anforderungen, die das Leben an mich stellt? „Franziskusweg – Wanderst du noch oder pilgerst du schon?“ weiterlesen

Die Atmung – unser magischer Teppich

Die Atmung ist der schnellste und einfachste Weg, wieder zu sich und seiner Wahrnehmung zu gelangen.

Die Atmung ist von zentraler Bedeutung für unsere (Selbst)-Wahrnehmung. Sie bringt uns immer wieder zurück zu uns selbst, in den Augenblick, wenn unsere Gedanken uns davon getragen haben. Egal was gerade geschieht, ob wir im Stress sind oder weit entfernt in Grübeleien versunken, angespannt oder wütend, bewußte Atmung führt uns in kürzester Zeit wieder zurück zu einer bewußten Wahrnehmung. Die Atmung ist wie ein magischer Teppich, den wir jederzeit besteigen können und der uns in windeseile wieder zurück zu uns selbst bringt. Und das Beste ist: wir haben ihn immer dabei! „Die Atmung – unser magischer Teppich“ weiterlesen

Franziskusweg – Ist es schlecht? Ist es gut?

Noch in Florenz gaben meine innig geliebten Wanderschuhe den Geist auf. Einen Tag vor Aufbruch zur Pilgerreise stand ich ohne Schuhe da. Aber war das wirklich schlecht?

Wer weiß?

In einem Dorf in China lebte ein Bauer, der ein Pferd besaß.
Und weil er der einzige Bauer im Dorf war, der ein Pferd hatte, sagten die
Leute im Dorf: „So ein schönes Pferd, hat der ein Glück!“
Aber der Bauer dachte nur: „Wer weiß?!“
Eines Tages brach das Pferd des Bauern aus seiner Koppel aus und lief weg.
Die Leute des Dorfes bedauerten den Bauern und sagten: „Oh, was für ein Unglück!“
Aber der Bauer antwortet nur: „Wer weiß?“
Ein paar Tage später war das Pferd wieder zurückgekommen,
zusammen mit einer wilden Stute aus den Bergen.
Die Leute sagten neidisch: „Was für ein Glück! Nun hat er zwei Pferde!“
Aber der Bauer meinte nur: „Wer weiß?“
Am nächsten Tag stieg der Sohn des Bauern auf das neue Pferd.
Doch er wurde abgeworfen und brach sich das Bein.
Die Leute riefen: „Oh, welch ein Unglück!“
Doch der Bauer blieb ruhig und sagte: „Wer weiß?“
Keine drei Tage später kamen Soldaten in das Dorf,
um die jungen Männer in den Krieg mitzunehmen.
Aber der Sohn des Bauern konnte wegen seines Beines nicht mit.
„Was hat er nur für ein Glück!“, dachten die Leute.
Aber der Bauer dachte nur: „Wer weiß?“

Chinesische Anekdote

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Reisetipps: Florenz

In dieser Fülle von Sehenswürdigkeiten kann man eigentlich nur eines machen: sich treiben lassen.

Reisetipps für Florenz findet man zu genüge. In der Renaissance-Stadt stolpert man buchstäblich von einer Sehenswürdigkeit zur anderen. In fast jeder Straße findet sich eine Kirche, ein Palazzo oder ein Denkmal. Sich durch diese Fülle einmal treiben zu lassen kann eine entspannte Alternative zu einer fest geplanten Tour sein. „Reisetipps: Florenz“ weiterlesen

Franziskusweg – Anfang in Florenz

In Florenz beginnt der Franziskus-Pilgerweg und führt bis nach Rom. 250 Kilometer sind es bis Assisi, das Ziel meiner ersten Pilgerfahrt. Er führt durch die Bergwelt Norditaliens, gut 12.000 Höhenmeter sind in drei Wochen zu bewältigen.

Florenz von der Chiesa di San Salvatore al Monte aus gesehen.

Am frühen Abend komme ich in Florenz an. Drei Wochen Wanderung durch die wilde Natur der Toskana liegen vor mir. Allein. Eine Zeit nur für mich. Nicht meine erste Wanderung, aber meine erste Pilgerfahrt. Ich fühle mich wie der Narr auf der Tarotkarte, der voller Anfängergeist durch die Welt schreitet. „Franziskusweg – Anfang in Florenz“ weiterlesen

Der Geist des Anfängers

Von der zweiten Chance, einen ersten Eindruck zu bekommen.

Skulptur von Igor Mitoraj im Boboli-Garten in Florenz

Der Geist des Anfängers bezieht sich auf unsere Geisteshaltung, mit der wir schon bekannte Dinge achtsam wahrnehmen und nicht in erster Linie darauf, tatsächliche neue Sache auszuprobieren. Aber was genau machen wir denn anders, wenn wir eine Sache zum ersten Mal erleben? „Der Geist des Anfängers“ weiterlesen